Altstadthaus
Rathausgasse 68, Bern
Vor und während dem 2015 abgeschlossenen Umbau des Altstadthauses nahmen Denkmalpflege und Archäologie die Gelegenheit wahr, seiner Baugeschichte auf die Spur zu kommen; auf die Ergebnisse konnte während der Ausführung reagiert werden. Das Haus hat eine für die Altstadt charakteristische Baugeschichte: Kleiner mittelalterlicher Kernbau in der Parzellentiefe, Vergrösserung auf die innere Laubenfront im 15. Jahrhundert, Neubau der um die Tiefe der Laube hinausgeschobenen Fassade im früheren 17. Jahrhundert, Aufstockung und Dachanhebung im 18. und 19. Jahrhundert. Kein logischer, sondern ein gewachsener Bauvorgang! Komplizierte Niveauverhältnisse, unterschiedliche Konstruktionen, Partialerschliessungen und eine Fülle von alten Raumauskleidungen verlangten unkonventionelle und individuelle Verhaltensweisen, wollte man das Haus für heutige Ansprüche aufrüsten, ohne den historischen Wert und das Timbre der charaktervollen festen Ausstattung zu verlieren.
Ein zentraler Entscheid war, die in der Bauphase der Fassade entstandene Wendeltreppe im Lichtschacht sowohl in den Keller hinunter wie auch in das später hinzugefügte 3. Obergeschoss und das Dachgeschoss zu verlängern. Gleichzeitig führte man aber dem sie begleitenden Schacht wieder Tageslicht zu, so dass dieses wichtige Strukturelement erlebbar ist und den internen Räumen Helligkeit spendet. Dies obwohl der Schacht auch die Brücken aufnimmt, die den Tagesbereich im gassenseitigen und den Nachtbereich im rückwärtigen Wohnungsteil zusammenbinden. Im Nachtbereich sind die Sanitäreinrichtungen in Boxen eingestellt. Die Küchen blieben dort, wo sie immer lagen, hinter dem Gassenzimmer. Mit Sorgfalt sind Oberflächen, die den Charme und das Individuelle der Wohnungen bestimmen, in Stand gestellt worden, Decken und Putzflächen aus allen Jahrhunderten seit dem Spätmittelalter, Friesböden und Tafelparkette, Fugenbänder der Kellertonne, Beschläge und Malereien. Das Neue – Schachtfronten der Küche, Brücken, Sanitärboxen, Verbindungstreppen – erhielt undemonstrativ gestaltete zeitgenössische Formen und Materialien. Ein Haus, das noch vor nicht allzu langer Zeit als nicht sanierungsfähiges Abbruchobjekt gegolten hätte, hat dank intensiver Lösungssuche, geduldiger Detailplanung und sorgfältiger Bauführung nicht nur an Wohn- und Verkehrswert gewonnen, sondern in erster Linie an ideellem Wert.
Bauherrschaft: | Privat |
Planung: | 2012 – 2013 |
Realisierung: | 2013 – 2015 (in Etappen) |