Gasthof zum Goldenen Adler, Bern
Der 1764/66 erbaute «Goldene Adler» folgte nicht dem damals für Gasthöfe üblichen Galerientypus, sondern dem barocken Stadtpalais, wie es in Bern im 18. Jh. errichtet worden war: Gassenseitig ein Hauptsalon, eingefasst von Kabinetten, rückseitig ein einheitlich fassadierter Hof, flankiert von je einem Raum, dazwischen die Erschliessungszone mit zwei im Rang unterschiedlichen, mittels Antichambre verbundenen Treppenhäusern. Der Funktion entsprach die Anlage einer Kutschpforte in der Hausmitte, deren Achse sich bis ins Hinterhaus erstreckte und erlaubte, Pferde und Kaleschen durch das Haus in die dortigen Stallungen und Remisen zu führen.
Neben statischen Mängeln führte vor allem die Überformung dieses Grundrisstyps beim Umbau zum Hotel im 19. Jh. und namentlich in den 1950er Jahren zu massiven und unkoordinierten Eingriffen, die das Haus völlig verunklärten und über die Grenze belasteten.
Durch sorgfältige Analyse konnte die überzeugende ursprüngliche Grundrissstruktur eruiert werden, in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege und der Bauherrschaft gelang es, dafür sinnvolle Nutzungen und die Wege zu finden, wie diese Raumstrukturen zu einem funktionierenden Ganzen wiederhergestellt und nutzbar gemacht werden konnten. Der Bau kam dem insofern entgegen, als dass sich das alte grosszügige Grundrisskonzept für angenehme Gasträumlichkeiten und für herrschaftliche Wohnungen eignete. Das spannungsvolle Raumgefüge samt dem nun überglasten Hof ist für die Gäste erlebbar und verhilft den Wohnungen auch mit Aussenräumen zu einem Komfort, der die Investitionen rechtfertigt.
Hauptaufgaben waren die Ausräumung der zahllosen Einbauten, die statische Sanierung, die unter Beibehaltung oder Wiederherstellung des robusten Systems der preussischen Kappendecken, einer Frühform der Hourdisdecke, zu bewerkstelligen war, die Rekonstruktion herausgebrochener Bauglieder und die Installation der heute benötigten Haustechnik für ein Restaurant – eine besondere Herausforderung. Dank der Unterkellerung des Hofes und der Hofflügel, ein nicht einfaches Unterfangen, konnte dafür der nötige Raum gewonnen werden. Die Oberflächen, soweit noch vorhanden oder unter den Verkleisterungen der 50er Jahre wiedergewonnen, wurden mit grosser Sorgfalt restauriert, selbstverständlich auch die überaus wirksame Hauptfassade mit dem rauschenden Rokokogitter, alle Hoffassaden und die rückwärtigen an der Junkerngasse. Für alle neuen Elemente wurden zeitgenössische Formen gesucht, die sich in der Materialisierung vom historischen Bestand abheben, aber sich auch einfügen. Die Rückgewinnung eines herausragenden Baudenkmals, dem man übel mitgespielt hatte, ist ein grosser Gewinn für den Bestand der Berner Altstadt.
Bauherrschaft: | STOWE Goldener Adler |
Realisierung: | 2009 – 2011 |
Auszeichnung: Dr. Jost Hartmann-Preis 2012
«Besonders hervorzuheben ist die Wiederherstellung der historischen Gebäudestrukturen, ihre Übernahme im erweiterten Kellergeschoss, die Wiederherstellung der Raumausstattung anhand sorgfältiger Recherchen und das initiative Vorgehen im Umgang mit teilweise stark beanspruchten Primärstrukturen».