Stadtvilla
Gryphenhübeliweg 9, Bern
Baulücken im Kirchenfeld, das seinen Endausbau längst erreicht hat, sind selten geworden. Der Gryphenhübeliweg ist freilich älter als die Kirchenfeldplanung, die den Weg integrierte, und wies einzelne ältere Bauten auf, die erst 1924 mit der kompakten Gruppe der Heimatstil-Nachbarbauten Nr. 15–41 ersetzt wurden.
Für die Materialisierung des Neubaus, die im historistischen Quartier von zentraler Bedeutung ist, orientierte man sich an der älteren Bebauung in der Nachbarschaft, am keramischen Sichtstein. Die Erkenntnis, dass die Oberflächentextur ein weiteres wichtiges Merkmal dieser Architekturepoche ist, führte dazu, einen Stein mit breitem Farbspektrum zu wählen, das von Hellrot über Rotbraun zu Blauviolett changiert. Damit wurde ein Oberflächenspiel erzielt, das ein zeitgenössisches Äquivalent der Reliefierung und Oberflächendifferenzierung des Historismus ist. Der straffe würfelförmige Baukörper des Neubaus erscheint sowohl in den Einzelvillen wie auch in den Kopfbauten der jüngeren westlichen Mehrfamilienhäuser: Mit seiner Körnigkeit schliesst der Neubau die Lücke konform. Fensterdiversifizierungen nehmen die Freude der vorletzten Jahrhundertwende an der Vielfalt auf, sind hier jedoch einer strengen Disziplin unterworfen: senkrechte und waagrechte Schlitzfenster, durchlaufender senkrechter Fassadenschnitt für das Treppenhaus, ausgeschnittene Nordwestecke. Lockerer ist einzig die Ordnung der Wandöffnungen im Schutz der geräumigen Verandenanlage gegen Süden.
Der Bau bringt drei Etagenwohnungen, die von der doppelten Situation – Aussicht auf den Waldgürtel des Aarehangs und die Berner Altstadt nach Norden – Sonne und Licht von Süden – profitieren. Die Ver- schränkung von Wohnraum und Küche in der Westhälfte des Grundrisses optimiert den Tagesteil der Wohnungen mit gezielten Ausblickfenstern und der gegen Norden und Westen offenen inkorporierten Loggia, die die Südveranda sinnvoll ergänzt. Die drei parallelen Zimmer in der Osthälfte erhalten Morgenlicht, jenes im Südosten hat dazu Anteil an der Veranda. Der Neubau ist in das Quartier integriert, ohne jede Anbiederung und falsch verstandene Historisierung, wahrt aber mit zeitgenössischer Qualität wesentliche Eigenheiten der Nahumgebung.
Bauherrschaft: | Privat |
Realisierung: | 2003 – 2004 |